Celestion Ditton 15
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(02.03.21, 18:17)straylight schrieb: Im Prinzip hat sich der erste Eindruck durch weiteres Hören nicht mehr groß verändert. Durch einen wandnahe Aufstellung kann man aber auch bei diesen Lautsprechern noch etwas Bass rauskitzeln. Oft ist das kontraproduktiv, hier kommt es dem Gesamtklang tatsächlich zu Gute - so lange man es mit dem Pegel nicht übertreibt. So stehen sie nun mit dem Rücken 10cm an der Wand. Der Bass selbst ist dann angenehm kräftig, weich und warm. Absolut hörenswert und wenig anstrengend. Den heute so beliebten, trockenen, schnellen Bass aus Kunstfasermembranen mit tiefem Hub kann sie aber natürlich nicht. Wie auch? Apropos Pegel: Um es kurz zu machen, diese feinen Lautsprecher sind keine Rocker. Es gibt Musik, die lebt davon dass sich aus der Mischung der verschiedenen Instrumente ein mitreißender Klangbrei bildet (Das ist durchaus positiv gemeint). Bei so etwas fühlt sie sich nicht so wohl. Sie versucht weiterhin alles möglichst differenziert darzustellen, jedem Instrument sein Solo-Recht zuzusprechen und hat dafür dann nicht genug Fundament um das auch tragen zu können. Da kommt sie dann ein bisschen durcheinander. Big Grin Das betrifft dann orchestrale Klassik genauso wie Punk, Rock und Elektro...

Was kann sie denn gut? Singer- /Songwriter, Jazz, ruhigere, perfekt produzierte Rockmusik, Klassik mit nicht zu vielen Instrumenten (Anna Vinnitskaya, Chopin - Sensationell!) - überall da wo Einzelinstrumente und Stimmen gekonnt eingesetzt und herausgestellt werden, spielen sie einfach phantastisch. Ich habe selten Lautsprecher gehört, die Stimmen so gnadenlos echt darstellen. Griffwechsel bei der Gitarre werden reproduziert als säße man daneben. Toll, wirklich! Das sucht schon seinesgleichen...

Was ihr nicht behagt, sind schlecht produzierte Alben und schlechte Musiker. Sie deckt das gnadenlos auf. Hier zeigen sich die Studio-Gene schon sehr deutlich. Und man glaubt gar nicht, wie viele Alben - insbesondere durch die kleinen Budgets von kleinen Independent-Labeln - recht schlecht produziert sind, und wie viele Barden eigentlich nicht so wirklich gut singen können ... Das kann einen schon ein bisschen erschrecken  Big Grin

Die Stereobühne ist sehr sehr schön gestaffelt und breit. Das wiederum ist sehr gut, kommt aber auch wieder den gut produzierten Alben besonders zu Gute.

Ich freue mich, daß Du die Ditton 15 Dir prinzipiell gefällt.  Big Grin

Spannend finde ich zudem, daß Du bereits den Großteil der wichtigen Aspekte in Deiner Einleitung addressiert hast.

Pegel & "Musikstücke mit positivem Klangbrei": Ja, ist konstruktionsbedingt auch klar, weshalb hohe Pegel für dieses Konstrukt ein Problem darstellen können. Das liegt an der Passivmembran und deren Resonanzverhalten. 

Für normale Hörlautstärke bis zu einer durchaus auch noch als livehaftige Wiedergabe zu bezeichnenden Pegel kann sie das aber. Im Grunde genommen zeigt sie hier auch auf, wenn man versucht ist eigentlich für die aus Raum und Anlage bestimmten Szenario zu laut zu hören. Eigentlich sind das auch nur ganz wenige dB, die man da runterregeln muß und wenn man dann mit dieser reduzierten Lautstärke hört, ist es bereits nach Sekunden so, daß man damit wunderbar leben kann und auch das was Du als "Klangbrei" beschreibst mit der Ditton 15 trotzdem funktioniert. Mit Raum-Tuning geht da aber auch noch was in Richtung höhere Pegel und den "Klangbrei" - wobei das prinzipiell aber in Sachen Pegel eigentlich gar nicht nötig ist.

Natürlichkeit und Frequenzgang: Das ist für mich bei der Ditton eigentlich der spannendste Aspekt. 

Als ich meine großen Hörner (Pioneer/ Exclusive PM-100 300 Hz Hörner mit wahlweise Altec 806 oder JBL 2420, Karlsson Koupler mit umgebauten JBL K140 und JBL 2405) baute, hatte ich recht intensiv mit Trennfrequenzen experimentiert. 

Jean Hiraga widmete sich hierzu in seinem Buch les Haute-Parleur ebenfalls sehr intensiv der Art und Weise, wie das menschliche Ohr Frequenzen in Musikinformationen umsetzt und propagiert genau die Frequenz bei der sich dieses Empfinden substanziell von Phase zu Pegel ändert als optimale Trennfrequenz. Das wären 500 Hz. Diese Trennfrequnz hatte in meinen "Versuchen" sehr deutliche Auswirkung auf die Darstellung von Instrumenten und Stimmen. Sie entschied sogar teilweise auch über die Ortung der einzelnen Instrumente und Stimmen auf der virtuellen Bühne. 

Mit dem Wechsel der Mitteltonhörner von Altec 511 auf Altec 1505, Altec 805 und letztendlich Pioneer/ Exclusive PM-100 änderte sich das Verhalten ebenso, und ließ mich dann erstmals in eine andere Richtung experimentieren - ich nenne das ganze Thema vereinfacht mal Punktschallquelle. Kommt der gesamte für Stimmen und Instrumente wichtige Frequenzanteil aus einem einzigen Chassis, dann erhält man ein sehr harmonisches Klangbild mit phänomenalen "Ortungsfunktionen" und sehr exakter Bühnendarstellung und -Staffelung. Spannend war dabei, daß sich dieser Frequenzanteil bei mir auf den Bereich zwischen 275 Hz und ca. 13 kHz definierte und das Ganze dann damit auch der natürlichen menschlichen Hör-Kurve und der "anerkannten" Frequenzkategorisierung aus diesem Schaubild entsprach.

   

Bass: Das was sie in Sachen Bass abliefert, ist genau das, was auf dem Medium gespeichert ist und - viel entscheidender - auch genau Jenes, was bei der Stimme und dem Instrument in der Realität auch tatsächlich vorkommt. Da ist also nicht nur Pegel sondern auch der Phasengang ziemlich richtig. Das würde ich beschreiben, der Bass kommt hier nicht nur schwarz-weiß sondern auch in Farbe oder Celestion hat den Farbfilm eben nicht vergessen  Cool . Farbe wäre hier das Synonym für die Entwicklung des Tones über die Zeit aka Timbre und auch die sog. Brust von Stimmen und Instrumenten fehlt nicht. Das ist also auch nicht so ein "gelbstichiges Agfa-Color der Siebziger" sondern eher ein Kodak Color Vollchrom bzw. so wie analoges Fernsehen vs. HD-Extra 4k oder so ähnlich.

Hier muss man dann zudem noch festhalten, dass dies viele andere Lautsprecher und insbesondere auch viele moderne Kreationen eben genau nicht können. Und ja, natürlich kann man das bei der Ditton 15 auch über die Aufstellung und Raumtuning für sich noch weiter optimieren.

Deshalb empfehle ich die Kleine immer mal wieder gerne - auch und insbesondere Denjenigen, die sich Lautsprecher und Hörner selber bauen wollen. Das sind dann die Aspekte, die  es im Selbstbau dann zu schlagen gilt und das ist so einfach nicht.
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Celestion Ditton 15 - von straylight - 02.03.21, 18:17
RE: Celestion Ditton 15 - von gelöschter_User - 05.03.21, 14:06
RE: Celestion Ditton 15 - von straylight - 05.03.21, 21:12
RE: Celestion Ditton 15 - von gelöschter_User - 06.03.21, 0:14
RE: Celestion Ditton 15 - von straylight - 06.03.21, 0:28
RE: Celestion Ditton 15 - von gelöschter_User - 06.03.21, 2:22

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